Die Freiheit, für die  man alles gibt

Für mehr Freiheit gegen verengtes Denken ganz gleich wo - zu kämpfen und zu werben ist berechtigt. Wer es tut, bekommt lauten Beifall. Freiheit und Selbstbestimmung gelten als die großen Errungenschaften der Neuzeit, noch mehr der neuesten Zeit. Kaum etwas stößt auf mehr Kritik als Bevormundung und Einschränkung der Freiheit. Weniger ist bekannt, dass Freiheit zur Substanz des Evangeliums gehört. Dafür hat sich Paulus stark gemacht. „Zur Freiheit hat Christus uns befreit (Gal5,1) schreibt er an die Galater.
Freiheit oder Nähe?
Aber wie ist es mit denen, die gar nicht nach mehr Freiheit dürsten, die vom Leben hart verwundet sind, die mit Enttäuschung, Verbitterung, Verzweiflung, mit Krankheit, Behinderung leben müssen ohne Aussicht auf Besserung? Sie suchen weniger die Freiheit vielmehr Nähe und Trost, Verstehen, Anerkennung und Wertschätzung, oft nur konkrete, praktische Hilfe. Zu denken ist auch an die Wunden, die zerbrochene Partnerschaften und Familien hinterlassen, an die Kinder, die miterleben, wie sich die Eltern anschreien und Schlimmeres antun. Nicht zu vergessen sind die, welche nicht mehr wissen, wo sie daheim sind. Und wie ist es mit der Pflege der Kranken und Sterbenden gerade in den Corona-Zeiten?
Es ist ein Unterschied, ob man für die Benachteiligten aller Art mehr Rechte einfordert oder ob man ihnen ganz persönlich seine Zeit, seine individuelle Zuwendung und Aufmerksamkeit schenkt Wer macht dies zu seiner/ihrer besonderen Herausforderung? Eine konkrete, erfahrbar wirkende Antwort kann eine wissenschaftliche, rein rationale Theologie nicht leisten, selbst wenn sie vor der Vernunft noch so gut begründet ist. Sie kann Fakten feststellen, aber nicht zum selbstlosen, aufopfernden Dienst an den Hilfsbedürftigen motivieren, d.h. den entscheidenden, inneren Antrieb dazu wachrufen. Dies ist einer der  Gründe, warum kirchliche Verkündigung und Aufrufe immer mehr an Bedeutung verlieren. Es werden Argumente vorgebracht, die in sich logisch sind, aber bei einem säkularisierten Publikum nicht greifen.
Entrüstung oder Hilfe
Was greift, ist die  moralische Entrüstung, auf welche die Gestalter der öffentlichen Meinung setzen, indem sie Unrecht und Elend aufspüren und darstellen. Was bleibt, ist meist Zorn auf die vermuteten Verursacher, besonders wenn er sich gegen Autorität Kirche richtet. Eine durchgreifende Reform der Kirche und des öffentlichen Geschehens, das heißt Überwindung von Hass und Spaltung, vertrauendes Planen und Zusammenarbeiten als  Hoffnung für die Zukunft braucht eine Motivation, welche nicht mehr von Aufgeregtheit, Zorn und Kampf gegeneiander  bestimmt ist. Sie kann nur aus  aus der Tiefe der Existenz kommen, aus emotionalen und spirituellen  Prozessen. Unter die anstehenden Probleme sollte die für viele so wichtige Frage zählen: Wie kann die Liebe gelingen? Woran scheitert.sie? Damit ist nicht nur die Liebe zwischen Mann und Frau gemeint, sondern auch das Zusammenleben auf engem Raum in einer Wohnung wie am Arbeitsplatz.   Wer immer dazu etwas beitragen will, braucht die Kompetenz, mit Emotionen hilfreich und erfolgreich umzugehen. Dies bedeutet nichts anders als Menschen einfühlend und wertschätzend zu begegnen. Dies ist das Feld der praktizierten Psychologie bzw. der Psychotherapie. Einer deren Vertreter, Carl Rogers, fordert von einem Therapeuten die Fähigkeit zur bedingungslosen Wertschätzung, zum einfühlenden Verstehen und das in aller Echtheit. Sie zu erwerben ist ein langer Weg der Auseinandersetzung mit sich selbst, er kann zugleich der Weg zum Gottvertrauen sein,

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